Fachdialog Netzneutralität

Kurz vor dem Beginn des WCIT-Treffens hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 27. November zum 3. Fachdialog Netzneutralität unter dem Titel “Netzneutralität in der internationalen Debatte” nach Berlin eingeladen.

Wie zu erwarten war, nahm die aktuelle Diskussion um WCIT einen prominenten Teil in der Debatte ein.
Schon in ihrer Eröffnungsrede stellte die Staatssekrtärin im BMWi, Frau Anne Ruth Herkes, ganz eindeutig klar, dass die Delegation der Bundesrepublik bei den WCIT-Verhandlungen unter keinen Umständen Regelungen zustimmen würde, die eine Ausweitung der ITR-Gültigkeit auf das Internet und eine damit verbundene Positionierung der ITU als wesentliche  Einflussgröße im Internet erlauben würde.

In weiteren Beiträgen, unter anderem von Göran Marby, dem Direktor des schwedischen Regulators und Vorsitzenden der Europäischen Vereinigung der Regulierer (BEREC), wurde dargestellt, dass im Internet nur minimal regulatorisch eingegriffen werden sollte und dies ausschlieslich dann, wenn es zur Lenkung von Verkehrsströmen unbedingt notwendig ist. Diese Ausführungen wurden auch von Frau Dr. Henseler-Unger, Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, aufgenommen und unterstützt durch ihre Ansicht, dass für Netzneutralität keine Regulierung notwendig sei sondern dies im Wirkungsbereich der Bundesnetzagentur durch Transparenz der Angebote und Auswahlmöglichkeiten für den Endkunden ausreichend sichergestellt werde.

Die zweite Hälfte des Dialogs wurde von Professor Chrisopher Yoo (University of Pennsylvania) mit seiner Sichtweise auf Netzneutralität eingeleitet. Seine teilweise deutlich negative Einstellung zur Netzneutralität als allgemeinen Ansatz für das Internet wird durch eine sehr stark diversifizierte Sicht auf die Anforderungen in unterschiedlichen Regionen, unterschiedlichen Techniken und von unterschiedlichen Anwendern im Internet ergänzt. Seine Empfehlung geht eher dahin, jeweils passend zur Umgebung andere Ziele und Methoden zu definieren und Netzneutralität in jeder Umgebung und jeden Teil des Internets  jeweils angepasst zu definieren und auch mit unterschiedlichen Herangehensweisen zu realisieren.

In der abschließenden Diskussionsrunde wurde dann noch einmal das Thema ETNO-Vorschläge zu WCIT und vor allem daraus das Prinzip “Sender pays” thematisiert. Die Vertreter der der großen Telekom-Anbieter sahen sich isoliert und wollten sich nicht mehr mit den Vorschlägen aus dem ETNO-Papier für neue Abrechnungsmodelle identifizieren. Aus Kommentaren im Saal war ersichtlich, dass das Bedauern über die Probleme der alten Anbieter mit der Suche nach neuen Finanzierungsmodellen nur auf wenig Widerhall traf.

Von ISOC.DE, vertreten durch Hans Peter Dittler,  wurde im Rahmen der Diskussion noch einmal betont, dass Netzneutralität als allgemeiner Begriff nur schwer zu fassen ist, eine Regulierung oder irgendwelche Eingriffe in das Internet von staalicher Seite jedoch auf jeden Fall negative Folgen für das Internet mit sich bringen würden.

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